Zukunft der IT braucht Tempo!

Hartwig Bazzanella eröffnet den Datacenter & Colocation Day 2021

Hartwig Bazzanella hat den diesjährigen Datacenter & Colocation Day am 21. September 2021 in Würzburg mit einem spannenden Key-Note-Vortrag zur Zukunft der IT eröffnet. Vor vielen Vordenkern, Machern, Colocatoren sowie Datacenter-Experten und -Betreibern aus dem Rechenzentren-Umfeld, die diese Veranstaltung einmal pro Jahr zusammenbringt, vermittelte der NCB-Geschäftsführer seine Idee der grundsätzlichen neuen Infrastruktur, die auf Basis von Containern in einem georedundanten Rechenzentrum (RZ) basiert und in den bisherigen Rechenzentren sowie in High Performance Rechenzentren (HPC) und zukünftig auch in Quanten-Computern betrieben werden kann.

IT-Infrastrukturen gleichen einem Flickenteppich

Die derzeitigen IT-Infrastrukturen bestehen oft genug aus einem Flickenteppich unterschiedlicher Hardware-Komponenten. Dazu gibt es noch eine Private Cloud und häufig eine oder mehrere mehr oder minder damit verbundene Public Clouds, deren Services zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden. Der Gedanke, in Services zu denken ist dabei noch sehr wenig ausgeprägt. Als Folge dessen betreiben viele Firmen Ihre IT in Colocation-Rechenzentren. Damit ist zumindest die Versorgung mit Verteilerschränke, USVs und Stromzuführung gesichert.

Solche Strukturen sind aber den im Datenzeitalter anfallenden Aufgaben nicht mehr gewachsen. Sie sind zu groß, zu teuer, überdimensioniert und leider darüber hinaus auch nicht ausgelastet. Gerade einmal bei circa 20-30% liegt deren Auslastung. 

Einzug Künstlicher Intelligenz in die IT von morgen

Die IT von morgen ist aus Sicht Bazzanellas intelligent und komplett anders aufgebaut: ganz unten diverse Edge-Datacenter, in denen meistens HCI (Hyperkonvergente Infrastruktur) stehen dürfte, daneben HPC-Zentren und in Zukunft auch Quantencomputer. Über allem gibt es eine übergeordnete Instanz, die Orchestrierung. Mit Mitteln der KI, hier maschinelles Lernen, werden Applikationen aller Art, auch kommerzielle, immer dahin, wo sie gerade am besten aufgehoben sind, verschoben. Ein ausgeklügeltes Security-System bietet zudem Schutz vor Übergriffen. 

All diese Instanzen sind durch superschnelle, akustisch-optisch kontrollierte Glasfasern miteinander verbunden. Sie garantieren sowohl schnellstmöglichen Datentransport, womöglich sogar zukünftig via Quantenverschränkung, als auch eine bestmögliche Sicherheit. „Mit einer akustisch-optischen Kontrolle entdeckt man jeden Versuch sofort, auf das Kabel und die sich darin bewegenden Daten zuzugreifen“, sagt Herr Bazzanella.

Die Verschränkung von Quanten als quasi Echtzeit-Transportmittel gibt es ebenfalls bereits und sie funktioniert auch. Von Prof. Anton Zeilinger, der an der Universität Wien lehrt und der Österreichischen Akademie der Wissenschaften vorsteht, wurde bereits eine 144 km lange Verbindung zwischen Teneriffa und La Palma aufgebaut, die Daten zuverlässig überträgt. Diese Technik soll bald kommerzialisiert werden.

Kolokateure alten Stils haben ausgedient

Für Kolokateure alten Stils, die hohe Quadratmeterpreise abrechnen, gibt es nach Hartwig Bazzanella in der heutigen Welt keinen Platz mehr. „Sie decken lediglich die erste Ebene des Infrastrukturstacks ab, dafür wird man in Zukunft kein Geld mehr in die Hand nehmen“, lautet seine Überzeugung. Auch die meisten bisherigen Angebote der Hyperscaler gingen nach seiner Ansicht noch längst nicht weit genug den Infrastruktur-Stack hinauf. Erst auf der Ebene des serverlosen Computing oder von FaaS (Function as a Service) werde es wirklich spannend.

Richtungsweisend seien insgesamt die großen Hyperscaler. Sie verwendeten schon heute übergreifende Automatisierungsmechanismen, standardisierte, softwaregesteuerte und leicht auswechselbare Hardware. 

Nvidias GPUs setzen die Maßstäbe von heute

Auch die derzeitige CPU-Struktur muss nach Bazzanellas Ansicht neu überdacht werden. „Nvidias GPU setzen heute die Maßstäbe, weil anders den Datenmassen nun einmal nicht beizukommen ist“, sagt der NCB-Geschäftsführer in seinem Vortrag. Dazu kämen neuartige CPUs, die sehr viel enger mit den GPUs zusammenarbeiten können als bisherige Infrastrukturen. Auch Intel arbeitet bereits an derartigen Chips mit enger Anbindung an GPUs.

Solche Kombinationen aus GPU und Prozessoren gebe es im HPC-Bereich schon längst. Nun breiteten sie sich auch im HCI-Bereich aus, obwohl zwischen der HCI-Hardware und HCP-Umgebungen noch immer himmelweite Unterschiede bestünden. Laut Bazzanella müssten diese überwunden werden, um eine vereinheitlichte IT-Landschaft wahr werden zu lassen. Erst so wäre es möglich, die Kapazitäten – beispielsweise der Hochleistungs-Rechenzentren – endlich auch kommerziellen Applikationen zu öffnen und Hardware insgesamt viel besser auszunutzen. Willkommener Nebeneffekt: dank effektiverer Prozessoren wird eine weitere Verkleinerung möglich. Ein Schrank koste so dann keine Tausende Euro mehr sondern nur noch hundert oder vielleicht sogar nur zehn Euro, erklärt Hartwig Bazzanella dem interessierten Publikum.

„Ich kenne einen Fall, in dem ein aus 25 Racks mit insgesamt 630 kW Leistung bestehendes System für Inferenz-Algorithmen mit 600 CPUs durch nur fünf Nvidia DGX A100 mit 28 kW Leistung in einem Rack ersetzt werden soll“, beschreibt Bazzanella seine Erfahrung. Und egal, ob diese Daten nun übertrieben sind oder tatsächlich stimmen: selbst wenn auch nur die Hälfte des Stroms und des Platzes eingespart würde, wäre dies schon ein wirklich großer Schritt. 

Container als wichtigste Vehikel bei der Infrastrukturvereinheitlichung

Das wichtigste Vehikel bei der Infrastrukturvereinheitlichung sind laut Hartwig Bazzanella aber die Container, organisiert in Pods und orchestriert mit Kubernetes. Container könnten überall laufen, auf HCI am Edge, auf HPC-Clustern, die für spezifische Berechnungen zukünftig durch Quantencomputer ergänzt werden. Allerdings nicht der gute alte Docker-Container, sondern sogenannte Singularity-Container. Nur sie sind laut Herrn Bazzanella im Stande, sich die Vorteile parallel arbeitender Strukturen der HPC-RZs zunutze zu machen. 

In HPC-Umgebungen können parallel mehrere durch Vererben miteinander verwandte Singularity-Container mit denselben Inhalten parallel abgearbeitet werden. Obwohl sie im Prinzip dasselbe enthalten, wird jede Instanz separat erkannt. Allerdings gelte es, Schnittstellen zwischen konventionellen und Singularity-Containern zu schaffen, womit man gerade erst beginne. Damit sei die Tür offen für ein Zusammenwachsen von HCI und HPC, denn dann ließen sich Inhalte von einem in den anderen Container quasi übergeben. 

Auch wenn es vielleicht so manchem RZ-Verantwortlichen immer noch wie Zukunftsmusik erscheinen mag, weit weg vom eigenen Alltag. Der erste Schritt muss endlich getan werden. Herr Bazzanellas Vortrag ist der entsprechende Weckruf für die Branche. 

Hohe Strompreise, knappe Flächen, stetig steigende Anwenderforderungen. IT-Leiter sind mit der Implementierung hybrider Clouds, ausufernden Public-Cloud-Kosten, sinkenden Budgets oder wachsenden Speicheranforderungen bestens ausgelastet. So mag sich Herr Bazzanella auch nicht festlegen, wann mit solch einer Vereinheitlichung genau zu rechnen wäre. Immerhin sei denkbar und auch durch einige Hersteller geplant, dass Quantencomputing schon ab 2023 kommerziell angeboten werde. Quantenrechner, die auf Kristallen basierten, brauchten auch keine Tiefkühlung. Deshalb könne es sein, dass in nicht allzu ferner Zukunft Quantencomputer einfach neben andere IT-Varianten ins Rack montieren werden. Erste Erfahrungen hierzu liegen bereits vor.

Nationale Initiativen statt ausgebremster Gemeinschaftsprojekte

Die Mühen der Ebene sind beträchtlich. So wurde gerade ein Gemeinschaftsprojekt europäischer Firmen aus zwölf Ländern vorläufig aufgrund administrativer Hürden ausgebremst. Entstehen sollte eine auf Containertechnik und Cloud-nativem Open Stack sowie umfassendem Rechtemanagement aufbauende, grenzübergreifende und nach den von Herrn Bazzanella skizzierten Prinzipien strukturierte Infrastruktur. „Eine Reihe deutscher Firmen machen jetzt erst einmal mit einer nationalen Initiative weiter“, sagt Herr Bazzanella ernüchtert. Doch er ist sich sicher, dass seinem Konzept der über Container vereinheitlichten, zentral mit Kubernetes und KI orchestrierten räumlich verteilten Infrastrukturen unterschiedlicher Leistungsfähigkeit mit der Integration von Highperformance- und Quantencomputing die Zukunft gehört. Doch wie nah die Zukunft in diesem Punkt ist, ist unklar. Ob wir die konsequente Umsetzung des von Hartwig Bazzanella dargestellten Wegs noch in diesem Jahrzehnt erleben werden? Es bleibt zu hoffen.

Kompletter Vortrag von Hartwig Bazzanella auf dem Datacenter & Colocation Day 2021:

Innerhalb des Datacenter & Colocation Day tauscht sich die Community aus Datacenter-Experten, -Betreibern und Colocatoren über ihre drängendsten Fragen aus und berät über Konzepte, Ideen, Strategien zu Themen wie Energie, Kühlung, IT, RZ- und Standortplanung und vielem mehr. Mit interaktiven Formaten bietet die Veranstaltung eine wertvolle Plattform für intensives Networking mit Experten und Peers. Mehr zum Datacenter & Colocation Day unter https://www.dc-day.de/

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